Erkenntnis #3: Der IST – Zustand
Um meine jetztige Situation nur ansatzweise verstehen zu können, ist Einiges an Vorwissen notwendig. Ich bin 22 Jahre alt und eigentlich ganz normal – zumindest war ich bis vor einem halben Jahr der festen Überzeugung, dass ich es sei. Klar war ich schon immer anders, aber wer ist das denn nicht? Um ehrlich zu sein – ich war vielleicht ein bisschen mehr anders als andere, aber Anders ist doch das neue normal. Vielleicht sind die Andern alle nur anders. Also ich bin ganz normal und studiere im sechsten Semester etwas, was keiner kennt und zu kompliziert wäre um es zu erklären. Da liegt das nächste Problem. Es ist wichtig, dass man weiß, dass es so unbekannt ist, dass es nur eine winzig kleine Anzahl an Menschen überhaupt auf die Idee kommen, es zu studieren. Ich versuche eine andere Erklärungsart. Jeder kennt doch diese hübschen Männchen, die immer mit solchen coolen Leibchen an der Straße oder auf Baustellen rumspringen und alles Vermessen. Wir machen das, aber halt im Bergbau. Diese Erklärung umfasst zwar nicht mal ansatzweise, was genau es ist, aber es gibt den Meisten erst einmal eine grobe Vorstellung und dies sollte hierfür ausreichend sein.
Also der IST – Zustand: derzeit bin ich als, mal mehr und mal weniger eifriger, Patient in der Psychiatrie tätig. Während alle in meinem Umfeld auf ihr ach so anstrengendes Vollzeitstudium pochen, hat mein Körper beschlossen, dass jetzt genau der passendste Zeitpunkt für einen Aufenthalt in der Psychiatrie ist. Also diesen Punkt kann ich von meiner To – Do – Liste streichen. (Jeder sollte ja ein Mal im Leben in einer Psychiatrie gewesen sein) Ich bereue hier nix und kann es nur jedem weiterempfehlen, der mal einen alternativen Wohnort auf begrenzte Zeit sucht. Er kostet 10 Euro die ersten 28 Tage lang und anschließend übernimmt alles die Krankenkasse. Ich bin zum Anfang der Aufzeichnungen schon ganze 10 Wochen hier und es will mir noch keiner der Ärzte sagen, wie lange ich hier noch bleiben darf oder soll oder muss oder will.